Hans im Glück: Zu Fuß nach Rom (Münchner Merkur - Ebersberger Zeitung)

10.11.09

Ebersberg - Sein Pilgerpass bescheinigt es: Hans Oberberger (61) ist von Ebersberg nach Rom gegangen, mit nur einem Paar Schuhe. 1200 Kilometer hat er seinen 15 Kilo schweren Rucksack geschleppt. Und Unwettern, Wasserblasen und steilen Alpenwegen getrotzt. Jetzt ist er zurück.

„Es war ein Gefühl der Dankbarkeit und der stillen Freude“: Hans Oberberger (61) aus Ebersberg, der zu Fuß nach Rom gegangen ist. Foto: Jürgen Rossmann

Die letzte Nacht war abenteuerlich. Am Stadtrand von Rom rollte Hans Oberberger hinter einem Lkw auf einer Wiese unter freiem Himmel seinen Schlafsack aus. „Den Campingplatz, der auf einer Karte eingezeichnet war, gab es nicht mehr“, so der Ebersberger. Um vier Uhr morgens konnte er vor Aufregung nicht mehr schlafen und marschierte schnurstracks auf den Petersplatz. Ein Foto, auf dem er mit Rauschebart, braun gebrannt, Sonnenhut und Wanderstecken vor dem Petersdom steht, dient als Beweismittel: Er hat es geschafft. Er ist von Ebersberg in den Vatikan gewandert.

Am 11. August um 7.30 Uhr war er an seinem Ziel angekommen. Etwas erschöpft, aber: „Es war ein Gefühl der Dankbarkeit und der stillen Freude“, erinnert er sich. Am Petersplatz ließ er sich auch eine Pilgerurkunde ausstellen.

Acht Stunden pro Tag war er sechs Wochen lang auf den Beinen. Ganz allein. Mit einem Einmannzelt und einem Rucksack bepackt. 15 Kilo brachte dieser auf die Waage. Übernachtet hat er in Hütten, Pensionen, Klöstern oder Campingplätzen. „Es war aufregend, da ich oft nicht wusste, ob ich noch vor der Dunkelheit dort ankomme.“ Abends schrieb er seiner besorgten Lebensgefährtin eine SMS: „Dass es mir gut geht.“

In den Herbergen ließ er sich verköstigen. „Meist war die Unterkunft teuer“, sagt er. „Einmal habe ich daher in einem Schuppen geschlafen.“

In einem kleinen Tagebuch hat er all seine Begegnungen notiert. Mit den „netten Einheimischen“, die ihm, als er sich mal wieder verlaufen hatte, aus der Klemme halfen. „In Italien waren die Wegbeschilderungen zum Teil sehr schlecht“, klagt der 61-Jährige. So fiel er oft auf Schilder rein: „Da bin ich lange bergauf gegangen und plötzlich war der Weg zu Ende“, so der pensionierte Polizeibeamte. Er lacht.

Aber: „Ich habe eine gute Kondition“, betont er. Mit Joggen, Bergwandern und Pilgerreisen nach Altötting hält er sich fit. Im letzten Jahr bestieg er den Kilimandscharo. Für das nächste Jahr hat er den Jakobsweg ins Auge gefasst.

In seinem Tagebuch steht außerdem, dass zwei Leute das Franziskuskreuz, das er um den Hals trug, küssten. Eine Seite ist dem Felsvorsprung gewidmet, der ihm bei einem schlimmen Unwetter Schutz bot.

Vor allem der gefürchtete Europäische Fernwanderweg E5 von Bozen nach Verona hatte es in sich: „Landschaftlich sehr schön, aber anstrengend“, so Oberberger. Er deutet auf ein paar Fotos, die an die beeindruckende Reise erinnern: Steile Schluchten, der Postkartenblick auf Assisi, Kirchen, Wasserfälle, endlose Teerstraßen in der Po-Ebene. „Wollten die Straßen gar nicht mehr aufhören, habe ich zum Zeitvertreib viele Rosenkränze gebetet“, erzählt der Ebersberger.

Die wichtigsten Stationen: Birkenstein, Bayrischzell, Brixen, Bologna, der Apennin, Florenz. Von dort aus ging der Pilger weiter über den Franziskusweg von Assisi bis in die italienische Hauptstadt. Der Rückweg ging etwas flotter: „Schon nach einem Tag habe ich mich in einen Zug in Richtung München gesetzt“, so der Rom-Wanderer. Die Menschenmassen in der Metropole konnte er nach sechs Wochen Einsamkeit „einfach nicht verkraften“.

Von Marlene Kadach